„Nie mehr vergessen“ – eine mahnende Exkursion
Fahrt nach Auschwitz (2020)
Von Leonhard Wolff (Jahrgangsstufe Q2)
Dass das Bewusstsein an der Geschichte unseres Landes keinesfalls erloschen ist, zeigte sich erneut im Januar 2020, als sich ein Teil des Leistungskurses Geschichte auf den Weg nach Polen machte, um den Orten mit der vielleicht schlimmstenVergangenheit Europas einen Besuch abzustatten. Mit dabei waren erfreulicherweise auch Schüler aus anderen Kursen – aus eigenem Interesse.
Auch in diesem Jahr, wie bereits in den drei Jahren zuvor, wurde die Fahrt von der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) organisiert und finanziell unterstützt. Eine weitere Unterstützung ermöglichte der Förderverein des Albert – Schweitzer – Gymnasiums. Nur so war es möglich, dass 15 Schülerinnen und Schüler, in Begleitung von Frau Dr. Lienertund Herrn Ziani von der KASfür fünf Tage die Möglichkeit hatten, mehr über diese dunkle Zeit zu erfahren und zu lernen. Passend dazu lautete das Thema der Reiseauch „Nie mehr vergessen“.
Am Mittwoch, den 29.01.,bezog unsere Gruppe die erste Unterkunft, das Hostel des Salesianer Ordens in Oswiecim. Nach einer kurzen Pause stand gleich der erste Programmpunkt auf dem Plan: der Besuch in einem jüdischen Museum. Hier waren einige Erinnerungsstücke an die jüdische Kultur in Oswiecim aus der Zeit vor der deutschen Besatzung ausgestellt. Nach einer kurzen Stadtführung zum Ort der ehemaligen Synagoge endete der ersteanstrengende Tag.
Dem eigentlichen Mittelpunkt unserer Exkursion widmeten wir uns tags darauf mit dem Besuch von Stammlager Auschwitz I. Bei der Führung durch das ehemalige Konzentrationslager erreichten uns viele Eindrücke – einige davon waren nur schwer zu begreifen. Durch die vielen Besucher in den verschiedenen Baracken war es zunächst noch schwer, sich auf die emotionale Atmosphäre des Stammlagers einzulassen. Dies änderte sich jedoch, nachdem wir die Lebensbedingungen der Häftlinge hautnah erleben konnten. Schlafplätze, Waschräume und Kerkerzellen waren noch original erhalten und gaben uns die Möglichkeit, die unmenschlichen Verhältnisse von damals ansatzweise zu erahnen. In unseren Köpfen wird sicherlich auch der schaurige Anblick von dem Berg aus Haaren bleiben, der sich uns neben alten Koffern, Schuhen undBrillen der Opfer bot. Wir bekamen ein Gefühl für die traurige Realität.
Auch der Besuch des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau war nicht minder ergreifend. Auf einer riesigen Fläche stehen hunderte Ruinen von Baracken in Reih und Glied. Durchdie unveränderte Szenerie wurde uns das gesamte Ausmaß des Holocausts bewusst. Eine Stadt, erbaut, um zu töten – bis zu diesem Augenblick unvorstellbar.Das triste Wetter verstärkte die Atmosphäre nochmals: Eisiger Wind und matschige Wege erzeugten eine düstere Stimmung und sorgten dafür, dass wir uns noch besser in die Lage der ehemaligen Häftlinge hineinversetzen konnten. Als wir den sogenannten Himmelsweg gingen, der Weg von der Rampe zur Gaskammer, kann man die Gedanken der Opfer nur erahnen. Was ging in den Köpfen der Menschen vorauf dem Weg zum unerwarteten, grausamen Tod? Wie konnten die SS-Offiziere den Menschen auf diesem Weg ein gutes Leben versprechenindem Wissen, dass man sie in den sicheren Tod schicken würde? Fragen, die uns niemand beantworten konnte, aber die uns dennoch sehr beschäftigten.
Nach zwei überwältigenden Tagen reisten wir weiter nach Krakau. Dort stand der Besuch des Schindlermuseums auf dem Programm. Nach der Führung durch die sehr gut entworfene Ausstellung hatten wir das Privileg, uns die Geschichte der Zeitzeugin Stefania anzuhören. Stefania wurde in Birkenau geboren, litt unter den Versuchen von Dr. Mengele und erlebte die Befreiung Auschwitz als Baby mit. Wir erfuhren viel über die Geschichte ihrer Mutter, die letztlich ohne triftigen Grund nach Birkenau deportiert wurde und Glück hatte, überhaupt zu überleben. Stefania beantwortete gerne unsere Fragen, und so bekamen wir, zusammen mit dem Erlebten der letzten Tage, langsam ein Gefühl für die schrecklichen Lebensbedingungen im Lager. Am Nachmittag hatten wir Zeit, die Geschichten der letzten Tage bei einer informativen Stadtführung durch Krakau sacken zu lassen.
Und so endete eine sehr spannende, aber auch überwältigende Reise zu den wohl geschichtsträchtigsten Orten der Vergangenheit. Wir haben viele Sachen gelernt, Wissen vertiefen und Erfahrungen fürs Leben sammeln können. Es war wichtig, die Ereignisse von damals passend zum 75. Jahrestag der Befreiung aus Auschwitz neu aufleben zu lassen. Denn wie schon das Motto der Exkursion lautete: „Nie mehr vergessen.“Diese Taten dürfen nie in Vergessenheit geraten.
Wir, als nachfolgende Generation, haben den Auftrag dafür zu sorgen, dass sich diese Geschichte nie wiederholt. Es ist an uns sich gegen Antisemitismus und Diskriminierung stark zu machen und ein Zeichen dagegen zu setzen. Dieses Bewusstsein wurde bei uns in den Tagen der Fahrt gestärkt und wir sind dankbarGeschichte hautnah erlebt zu haben.
Treffen mit einer Zeitzeugin